Erinnern, Verstehen, Verantwortung übernehmen – Junge Menschen auf Spurensuche in Auschwitz und Krakau
#SBS erinnert
Vom 29. Juni bis zum 2. Juli 2025 begaben sich die beiden Wahlpflichtkurse „Diktatur erinnern – Demokratie leben!“ sowie die Klasse 9R1 der Singbergschule Wölfersheim auf eine eindrucksvolle und tief bewegende Studienfahrt nach Auschwitz und Krakau. Begleitet wurden die Schülerinnen und Schüler von Fachbereichsleiter Dr. Matthias Zipp, Alexander Rentsch, Fabian Ruppel, Katharina Pietsch und Jasmin Väth. Die Fahrt stand unter dem Leitgedanken, historische Verantwortung erfahrbar zu machen und demokratische Werte zu stärken – ein Ziel, das während der drei Tage intensiv mit Leben gefüllt wurde.
Im Mittelpunkt der Reise stand der Besuch des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau – ein Ort, der auf bedrückende Weise die Abgründe menschlichen Handelns im Nationalsozialismus offenlegt.
In einer etwa dreieinhalbstündigen, sachkundig geführten Tour setzten sich die Jugendlichen eindringlich mit der Geschichte des Holocaust auseinander. Besonders eindrucksvoll waren die originalen Relikte der Verfolgten: Koffer, Brillen, Kinderschuhe und abgeschnittene Haare – stille Zeugnisse einer entmenschlichenden Ideologie. Die bedrückende Atmosphäre und das Ausmaß des Lagers ließen niemanden unberührt.
Ein Schüler der Klasse 9R1 brachte seine Eindrücke mit bewegenden Worten zum Ausdruck:
„Ich wusste, dass es schlimm war. Aber das hier zu sehen, das ist nochmal etwas ganz anderes. Ich werde das nie vergessen.“
Auch eine Schülerin aus dem WPU reflektierte tiefgründig:
„Die Führung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich zu erinnern – und warum wir für Demokratie eintreten müssen.“
Am Ende der Führung nutzten einige Teilnehmer die Gelegenheit, die Gedenkstätte in kleinen Gruppen weiter zu erkunden. Dabei konnten sie sich in Stille mit bestimmten Orten intensiver auseinandersetzen und persönliche Eindrücke vertiefen.
Am Abend fand eine gemeinsame Reflexionsrunde statt, in der die Schüler ihre Gedanken, Gefühle und Fragen zu dem Erlebten teilten. Der geschützte Raum dieser Gesprächsrunde ermöglichte es vielen, ihre Emotionen zu verarbeiten und miteinander ins Gespräch zu kommen – über Geschichte, Verantwortung und das eigene Handeln in der Gegenwart.
Für die Schülerinnen und Schüler des Wahlpflichtkurses „Diktatur erinnern – Demokratie leben!“ schloss sich mit dem Besuch in Auschwitz ein bedeutungsvoller Kreis. Im Gedenken an den 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers hatten sie sich bereits über ein Jahr hinweg intensiv mit dem Thema Nationalsozialismus, Erinnerungskultur und den Mechanismen diktatorischer Herrschaft auseinandergesetzt.
Im Januar 2025 organisierten sie am internationalen Holocaustgedenktag einen interaktiven Aktionstag mit Mitmachstation in der Wetterauhalle, gestalteten eine eindrucksvolle Ausstellung und führten zahlreiche Mitschülerinnen und Mitschüler durch diese (wir berichteten). Ein Höhepunkt der Vorbereitung war das bewegende Zeitzeugengespräch mit der Auschwitz-Überlebenden Dr. Eva Umlauf, das für alle Beteiligten eindrücklich verdeutlichte, welch existenzielle Bedeutung Erinnern, Aufklärung und Zivilcourage heute haben. Die Reise nach Auschwitz verlieh diesen Vorarbeiten nun eine tief persönliche Dimension – Geschichte wurde nicht nur verstanden, sondern unmittelbar erlebt.
Am zweiten Tag der Fahrt erkundeten die Jugendlichen die geschichtsträchtige Altstadt Krakaus im Rahmen einer selbstgestalteten Stadtrallye. In Kleingruppen machten sie sich auf, zentrale Orte der polnischen Geschichte und jüdischen Kultur zu entdecken – vom jüdischen Viertel Kazimierz über den Wawel-Hügel bis zum Marktplatz mit der imposanten Marienkirche. Die Rallye verband spielerische Neugier mit historischem Lernen, förderte Teamarbeit und Eigenverantwortung und ließ die Jugendlichen erleben, wie sehr Geschichte und Gegenwart ineinandergreifen. Ein Teilnehmer sagte begeistert:
„Ich wusste gar nicht, wie schön Krakau ist – und wie viel Geschichte hier in den Straßen steckt.“
Die dreitägige Fahrt war für alle Beteiligten eine nachhaltige Erfahrung – emotional fordernd, zugleich aber auch bereichernd und bildend. Sie schärfte nicht nur das historische Bewusstsein, sondern förderte auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Werten unserer demokratischen Gesellschaft.
„Diese Fahrt hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Nur wer versteht, wohin Diktatur und Menschenverachtung führen können, kann sich bewusst für eine offene und demokratische Gesellschaft einsetzen“, resümierten Fachbereichsleiter II Dr. Matthias Zipp und die Beauftragte des Bereichs „Öffnung von Schule“ Katharina Pietsch, die die Fahrt organisiert hatten, zufrieden. „Wir sind stolz auf unsere Schüler, die sich dieser herausfordernden Reise mit Offenheit, Respekt und Ernsthaftigkeit gestellt haben – und die Erfahrungen aus Auschwitz und Krakau als Verpflichtung mitnehmen, Verantwortung für ein friedliches, menschliches und demokratisches Miteinander zu übernehmen“, so die beiden weiter.
Ein besonderer Dank gilt dem Wetteraukreis, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, der Gemeinde Wölfersheim sowie dem Förderverein der Wölfersheimer Schulen, die durch ihre finanzielle Unterstützung diese wichtige Bildungsfahrt gegen das Vergessen möglich gemacht haben. (PIK/ZIM)
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