03
JULI
2025

Historisches Lernen mit Herz und Verstand: Wandern auf jüdischen Spuren durch Münzenberg

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#SBSerinnert #SBSdiskutiert

Münzenberg/Wölfersheim – Eine besondere Bildungsreise unternahmen die sechsten Klassen der Singbergschule Wölfersheim vom 23. bis 26. Juni 2025. Unter dem Titel „Jüdisches Leben in der Wetterau im Nationalsozialismus“ begaben sich die Schülerinnen und Schüler auf eine eindrucksvolle Wanderung mit historischem und literarischem Schwerpunkt. Ziel war es, die jüdische Geschichte Münzenbergs erfahrbar zu machen und den Jugendlichen einen emotionalen Zugang zur Zeit des Nationalsozialismus zu ermöglichen.

Die Wanderung führte die Klassen zu markanten Stationen jüdischen Lebens in Münzenberg. Begleitet von historischen Impulsen wurde deutlich: Auch kleine Orte wie Münzenberg waren tief in die Ereignisse der NS-Zeit verstrickt. Besonders eindrücklich war der Besuch des Kulturhauses Alte Synagoge – ein geschichtsträchtiger Ort, der zum stillen Mahnmal geworden ist.

Dort nahm Uwe Müller vom „Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg“ die Kinder mit auf eine bewegende Zeitreise. Als profunder Kenner der lokalen Geschichte schilderte er eindrucksvoll das Schicksal der jüdischen Familie Katz. Besonders Erwin Katz, 1910 geboren, hinterließ Eindruck: Ein beliebter Turner mit großem Freundeskreis, dem 1934 dank seiner Entschlossenheit und rechtzeitigen Flucht das Leben gerettet wurde. Seine Familie jedoch wurde Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie und in Auschwitz ermordet.

Im Anschluss tauchten die Schüler mit einer Lesung aus dem Jugendbuch „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter noch tiefer in die Zeitgeschichte ein. Die Lehrkräfte Laura Pinecker, Katharina Pietsch und Dr. Matthias Zipp lasen ausgewählte Kapitel des Romans. Die Geschichte einer engen Freundschaft zwischen einem deutschen Jungen und seinem jüdischen Freund Friedrich, die zunehmend von Ausgrenzung, Angst und Gewalt überschattet wird, rührte viele Zuhörer sichtbar.

Doch die Veranstaltung ging weit über das bloße Zuhören hinaus: In einem offenen Gespräch konnten die Kinder ihre Gedanken äußern, Fragen stellen und Brücken zur Gegenwart schlagen. Themen wie Freundschaft, Mut, Zivilcourage und Verantwortung wurden diskutiert – nicht theoretisch, sondern ganz nah an der Lebenswirklichkeit der Kinder. Einige berichteten sogar von eigenen Erfahrungen mit Ausgrenzung und Diskriminierung.

Die Kombination aus geschichtlicher Spurensuche, literarischer Auseinandersetzung und persönlichem Austausch erwies sich als kraftvolles pädagogisches Konzept.

Die Singbergschule dankt allen Mitwirkenden sowie der Stadt Münzenberg für die engagierte Unterstützung dieser bedeutenden Bildungsmaßnahme. Sie hat den Kindern nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Herz und Haltung gestärkt – ein wichtiger Schritt in Richtung einer reflektierten, mitfühlenden und verantwortungsbewussten Generation. (PIK/ZIM)