Politischer Austausch auf Augenhöhe: Podiumsdiskussion
Die Singbergschule Wölfersheim machte am vergangenen Mittwoch die Wetterauhalle zum Zentrum eines lebendigen politischen Dialogs. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 12 und 13 sowie des WPU-Demokratie-Kurses hatten die Gelegenheit, einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern sechs politischer Parteien beizuwohnen. Begrüßt wurden die Jugendlichen von Schulleiter Olaf Bogusch und Aufgabenfeldleiter II, Dr. Matthias Zipp, die die Bedeutung von politischer Bildung und Austausch betonten.
Auf dem Podium saßen Esra Edel (Bündnis 90/Die Grünen), Lukas Freiberger (Die Linke), Klaus Herrmann (AfD), Dr. Thomas Pauls (CDU), Natalie Pawlik (SPD) und Dr. Markus Schmidt (FDP).
Die Veranstaltung wurde von den Schülerinnen Romy Stoll und Henrike Koscharre zusammen mit Dr. Matthias Zipp moderiert. Den Politikern wurden sowohl vorbereitete Fragen gestellt als auch spontane Schüleranliegen vorgetragen. Drei zentrale Themen standen im Mittelpunkt der Diskussion: Wirtschaftswachstum, internationale Beziehungen und soziale Gerechtigkeit. Eine Zeitwächterin (Katharina Pietsch) achtete auf einen möglichst gleichen Redeanteil aller Debattierenden.
Die Diskussion über Wirtschaftswachstum offenbarte deutliche Differenzen zwischen den Parteien. Die Linke forderte die Abschaffung der Schuldenbremse, die Einführung einer Vermögenssteuer und eine Erhöhung des Bürgergeldes. Lukas Freiberger bezeichnete die Schuldenbremse als „Informationsstau“. Die SPD legte den Fokus auf gezielte Investitionen und Bürokratieabbau, der jedoch Arbeitnehmerrechte wahren müsse. Natalie Pawlik unterstrich die Bedeutung eines starken Sozialstaats und lobte Kanzler Scholz für sein besonnenes Vorgehen im Ukraine-Konflikt. Auch die Grünen sprachen sich für eine Reform der Schuldenbremse aus, um Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz zu ermöglichen. Esra Edel schlug die Einführung eines Klimageldes und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer vor. Die FDP hingegen betonte ein effizienteres Vorgehen bei den Haushaltsausgaben. Dr. Markus Schmidt stellte klar, dass die Schuldenbremse keine Investitionsbremse sei und forderte Reformen wie eine einfachere Steuererklärung. Die CDU hob die Bedeutung von Energiepreissenkungen und effizientem Controlling in staatlichen Institutionen hervor. Dr. Thomas Pauls warnte vor zu simplen Lösungen und betonte die komplexe Verbindung von Wirtschaft und Politik. Die AfD wies den Klimawandel als vernachlässigbar zurück und kritisierte Deutschlands Bürokratie.
Die Ukraine-Krise führte ebenfalls zu kontroversen Debatten. Während die Linke Waffenlieferungen kategorisch ablehnte und mangelnde diplomatische Bemühungen kritisierte, unterstützten SPD, Grüne und FDP die Lieferung von Waffen, darunter Taurus-Raketen, sahen jedoch Diplomatie als langfristiges Ziel. Die CDU stellte strategische Fragen zur internationalen Zusammenarbeit und mahnte zur Stärkung globaler Partnerschaften. Die AfD hingegen sprach sich ausschließlich für diplomatische Lösungen aus, Klaus Herrmann äußerte Zweifel an Waffenlieferungen und schlug vor, die Ukraine solle Gebiete abtreten, um den Krieg zu beenden.
In puncto sozialer Gerechtigkeit reichten die Ansichten von einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel (Die Linke) über den Erhalt und Ausbau des Sozialstaats (SPD, Grüne) bis hin zu Forderungen nach Reformen und Ausgabenkontrollen (FDP, CDU). Die AfD hingegen sah in hohen Sozialausgaben ein Problem und forderte eine drastische Verschlankung.
Die Schüler richteten nach einer kurzen „Speedrunde“ schließlich auch gezielte Fragen an die anwesenden Politiker, darunter zur Haltung gegenüber dem Paragrafen §218. Aufgrund der begrenzten Zeit kamen jedoch die Vertreter der Linken und der AfD nicht mehr zu Wort. In ihren Antworten zeigten sich Dr. Markus Schmidt (FDP), Dr. Thomas Pauls (CDU) und Esra Edel (Grüne) weitgehend einig. Sie betonten, dass sie sich als Männer nur schwer zu diesem Thema äußern könnten, und verwiesen dabei auch auf ihre persönliche Perspektive als Väter. Die einzige Frau in der Runde wurde daher besonders für ihre Einschätzung herangezogen. Frau Pawlik sagte, dass sie eine derjenigen gewesen sei, die die Petition zur Änderung von §218 unterschrieben habe und dass dies ein wichtiger Schritt gewesen sei.
Die Podiumsdiskussion wurde von den Lernenden als großer Erfolg gewertet. „Es war spannend, die Politiker so nah zu erleben“, äußerte sich eine Teilnehmerin begeistert. Viele hätten sich sogar eine Verlängerung der 90-minütigen Veranstaltung gewünscht, um noch mehr über die Positionen der Kandidaten zu erfahren.
Mit dieser lebhaften Debatte setzte die Singbergschule ein starkes Zeichen für politische Bildung und schuf eine Plattform für den Dialog zwischen Schule und Politik – ein Modell, das Schule machen könnte. (KIL/ZIM)